Reisen: Lust, Sucht und Leidenschaft

Wie versprochen, erzähle ich euch mal wieder eine meiner Reiseerlebnisse. Sie passen zum dem Artikel „Du lässt dich ständig manipulieren oder die Sachen mit dem Vertrauen.“ Startklar? Dann geht es jetzt los:

Mit Schlagstock und Waffen in Chile unterwegs

Reisen ist etwas Wunderbares. Man begibt sich in unbekannte Situationen und lernt neue Kulturen kennen. Besonders in fremden Kulturen ist es schwieriger, Vertrauen zu fassen – beziehungsweise unsere altbekannte, erlernte Vorgehensweise anzuwenden. In einem Land, in dem ich die Menschen nicht kenne, bin ich noch mehr auf deren Gutmütigkeit angewiesen, mein Vorschuss an Vertrauen ist zwangsläufig größer. Zumindest wenn ich Land und Leute wirklich kennenlernen möchte. Und je mehr ich von der Welt gesehen habe, desto mehr Wissen habe ich natürlich über die Kulturen und umso sicherer fühle ich mich dort, weiß wie ich mich zu verhalten habe, ohne das Gefühl, eventuell manipuliert oder hintergangen zu werden.

2011 war ich mit meiner Schwester und einer sehr guten Freundin in Südamerika unterwegs. Wir besuchten erst Freunde in Buenos Aires, Argentinien, flogen dann nach Chile und bereisten noch das kleine Land Uruguay. Geplant hatten wir im im Vorhinein nur den Hin- & Rückflug und ließen uns vor Ort von Reiseführern, anderen Reisenden und Einheimischen leiten. Mein Reisetagebuch finde ich ehrlich gesagt gerade nicht, deswegen kann ich euch nicht sagen, wo genau sich meine zweite Geschichte abspielte – irgendwo im Norden Chiles, kurz vor der Atacama-Wüste. Bevor wir in die Wüste fuhren, machten wir irgendwo einen Zwischenstopp, übernachteten in einem spontan gebuchten Hostel und wollte vor Ort in ein nahegelegenes Naturschutzgebiet fahren.

 

Vertrauen vs. Mißtrauen

Wir schlenderten durch den kleinen Ort auf der Suche nach einem Bus oder Taxi. Eine Busverbindung gab es nicht. Es war nicht viel los, aber ein Taxifahrer hielt an und nahm uns mit. Der Fahrer war um die 60-Jahre, trug eine Lederweste und Fahrrad-Handschuhe aus Leder. Er sah ein wenig skurril aus, war aber sehr freundlich. Der Weg in das Naturschutzgebiet dauert circa 30 Minuten und der Fahrer sagte uns, dass es dort kein Handynetz gäbe und wir ihm jetzt sagen könnten, wann er uns wieder abholen sollte. Wir vereinbarten eine Zeit und den Ort.

Auf dem Weg dorthin, berichtete der Mann von unangenehmen Taxifahrten, besonders in der Nacht mit betrunkenen Gästen. Er zeigte uns daraufhin seinen Schlagstock, sagte uns, dass er Karate könne und nach einer Weile präsentierte er uns seine Pistole. Ich kenne mich nicht aus, weiß nicht, ob sie echt und geladen war, angsteinflößend war es dennoch irgendwie. Wir drei Mädels fühlten uns ein wenig unwohl, wurden verhaltener, waren aber weiter freundlich. Wir waren uns nicht mehr sicher, ob wir vom gleichen Taxifahrer wieder abgeholt werden wollten. Uns blieb aber nichts anderes übrig, denn vor Ort gab es tatsächlich kein Handynetz und keine Möglichkeit jemanden zu fragen. Wir vertrauten also darauf, dass wir zu der vereinbarten Zeit wieder sicher zum Hostel zurückgebracht werden würden.

 

Überraschung

Und siehe da: der Fahrer war überpünktlich und fuhr uns sicher nach Hause. Auf dem Rückweg fragte er uns noch, ob wir bei ihm und seiner Frau übernachten oder ggf. essen, trinken und uns frisch machen wollten. Auch das fanden wir wieder skurril, lehnten höflich ab. Er wollte aber nur gastfreundlich sein und machte mit uns sogar noch eine kostenlose Stadtrundfahrt durch den kleinen chilenischen Ort. Auf dem Rückweg unserer Reise landetet wir noch ein mal in demselben Dorf und trafen den Taxifahrer wieder. Er grüßte uns aus seinem Auto raus, sagte, dass er gerade Gäste hätte, aber uns ansonsten gerne wieder fahren würde. Wenn wir ihn brauchen, sollten wir uns einfach melden. Natürlich war das sein Job, er musste Geld verdienen, dennoch war er sehr freundlich und der erste Eindruck, den wir von ihm hatten, täuschte.

Auch diese Situation hat mir gezeigt, dass man positiv überrascht werden kann, auch wenn das Risiko zu Vertrauen im ersten Moment groß erscheint. Wer weiß, ob wir den Ausflug in das Naturschutzgebiet sonst gemacht hätte, wer weiß welche Schonheiten man in seinem Leben sonst noch so verpassen würde.

 

Reisetipps

Ich bin keine Reiseexpertin, aber mein Tipp für alle die sich beim Bereisen einiger Länder unsicher sind: Verlasst eure Komfort-Zone, es lohnt sich. Informiert euch vorab über das Land, die Sitten und die Kultur. Aber Lars Frühsorge kann nach all seiner Reise- und Forschungserfahrung natürlich noch viel mehr dazu sagen:

„Schwerpunkt meiner wissenschaftlichen Arbeit war Mittelamerika, also Mexiko und Guatemala. Auch Belize, Honduras und El Salvador habe ich dort bereist. In Südamerika habe ich Peru und Bolivien besucht und zusammen mit meiner Frau auch Chile. Von dort aus haben wir unsere Hochzeitsreise auf die Osterinsel und nach Tahiti gemacht.”

“Die meisten unserer jüngeren Reisen waren eher privater Natur mit Übernachtungen im Hotel und dem einen oder anderen Badetag. Aber natürlich nutzt man als Wissenschaftler auch immer die Gelegenheit, um Gespräche mit Einheimischen zu führen, wenig besuchte Stätten zu fotografieren und so die eine oder andere Frage zu klären, die man sich von zu Hause aus nur mit dem Wissen aus Büchern und dem Internet nicht beantworten kann.”

 

Lateinamerika

“Gerade an Lateinamerika reizen mich die feinen Unterschiede. Oberflächlich betrachtet ist die Lebensweise der meisten Menschen dort sehr europäisch geprägt. Vieles erscheint einem vertraut, man findet oft auch einen leichteren Zugang zu den Menschen als etwa in Asien oder Afrika. Aber wenn man hinter die touristische Fassade schaut, erkennt man schon den einen oder anderen Unterschied. Gerade in den indianischen Gemeinden in Mittelamerika oder in den Anden Südamerikas verbirgt sich hinter vielen Bräuchen und Traditionen, die wir auch in Europa kennen – z.B. der Karneval oder die Verehrung von christlichen Heiligen – eine ganz eigene Weltanschauung, deren Wurzeln in der Zeit vor Kolumbus liegen. Die heutigen Maya etwa bezeichnen sich selbst als Christen, gehen in die Kirche, beten zu Gott, der Jungfrau Maria und die Heiligen. Gleichermaßen verehren sie aber auch die Götter der Berge oder ihre Ahnen. Und ihre Vorstellung von den Heiligen erinnert eher an die alten Götter der Maya.”

“Ein Schamane hat mir einmal erzählt, dass er Petrus sehr viel Schnaps opfert, denn nur wenn der Heilige richtig betrunken ist, lässt er es aus ordentlich regnen, so dass die Bauern eine gute Ernte haben.”

 

Mittendrin auch als Tourist

“Einen wirklichen Lieblingsort habe ich in Lateinamerika nicht. Meistens zieht es mich aber eher in die Berge, wo es angenehm kühl ist und nicht so sehr in das heiße Tiefland. In Guatemala gibt es einen wunderschönen Bergsee, den Atitlan. Der ist umgeben von drei Vulkanen, die man besteigen kann. Rund um das Seeufer reihen sich kleine Dörfer auf, die teils noch sehr traditionell sind, teils aber auch ein gutes Angebot für Touristen haben. Dorthin bin ich auf meinen Reisen immer wieder gern zurückgekehrt.”

“Generell kann ich nur empfehlen, eher das Land zu besuchen, als die großen Städte. Natürlich gibt es in dem Hauptstädten immer Museen und historische Bauten, die man einmal gesehen haben sollte. Aber gerade in Lateinamerika ist es dort oft auch hektisch, laut und unsicher. In den kleineren Dörfern hingegen, wo jeder jeden kennt, ist es viel entspannter und sicherer. In manchen Orten freuen sich die Leute sogar noch richtig, wenn man als Fremder zu ihnen kommt und auch ein wenig Geld in im Dorf lässt. Gerade die indianischen Gruppen in Lateinamerika haben heute noch sehr viel mit Rassismus und Vorurteilen in ihren eigenen Ländern zu kämpfen. Wenn man dann als Europäer zu ihnen kommt und sich ehrlich für ihre Lebensweise interessiert, dann sind die Menschen meiner Erfahrung nach oft sehr erfreut, zeigen und erzählen einem sehr viel.“

Sommerzeit ist Reisezeit, deswegen folgt als nächstes, ein letzter Reisebericht. Ratet doch mal, um welches europäisches Land es geht? Welches Land würde euch interessieren?

Bis zum nächsten Mal
eure Lina

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