Gut gegen Nordwind

(Autorin: Lina C. Samoske)

Ich gehöre jetzt zu den Pendlerinnen. Das bedeutet, ich verbringe sehr viel Zeit im Auto, die sich manchmal wie geklaute Zeit anfühlt. Noch schlimmer als die verlorene Zeit, empfinde ich den Aspekt, dass ich täglich alleine in meinem Auto sitze und die Luft verschmutze. Wenn ich so auf den Straßen unterwegs bin und in die anderen Fahrzeuge schaue, scheint es mir, dass morgens 90 % der Autos „leer“ fahren. Aber ich schweife ab, das wäre ein interessanter Blog-Artikel – später also mehr davon.

Heute soll es um Unterhaltung für Pendler/innen gehen. Viel „freie“ Zeit im Auto oder dem Zug zu verbringen bedeutet, viel Zeit für schöne Hörbücher zu haben. Mir wurde „Gut gegen Nordwind“ empfohlen. Ich weiß, dass der Film mit Nora Tschirner bereits in den Kinos läuft – gesehen habe ich ihn noch nicht. Ich habe auch das Buch nie gelesen, nicht mal in der Hand gehabt geschweige denn das Cover gesehen. Ich stelle es mir furchtbar vor! Ich stelle es mir schrecklich vor, das Buch zu lesen, nachdem ich die Geschichte kenne.

Gut gegen Nordwind

„Gut gegen Nordwind“ von Daniel Glattauer ist eindeutig eine romantische Liebesgeschichte – „E-Mail für dich“ in modern. Zwei Menschen treffen zufällig über eine verwechselte E-Mail-Adresse aufeinander und fangen an, sich zu schreiben.

Sie sind bei mir falsch. Ich bin privat. Ich habe woerter@leike.com. Sie wollen zu woerter @like.com. Sie sind schon der Dritte der bei mir abbestellen will. Das Heft muss wirklich schlecht geworden sein.“ {…}

Neun Monate später: “Liebe Emmi Rothner, wir kennen uns zwar fast noch weniger als überhaupt nicht, ich danke Ihnen dennoch für Ihre herzliche und überaus originelle Massenmail. Sie müssen wissen, ich liebe Massenmails an eine Masse, der ich nicht angehöre. MfG Leo Leike.

18 Minuten später: „Verzeihen Sie die schriftliche Belästigung Herr MfG Leike. Sie sind mir irrtümlich in meine Kundenkartei gerutscht, weil ich vor einigen Monaten ein Abonnement abbestellen wollte und versehentlich Ihre E-Mail-Adresse erwischt hatte. Ich werde Sie sofort löschen. P.s.: Wenn Ihnen eine originellere Formulierung einfällt ,jemandem frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr zu wünschen, als frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr, dann teilen Sie mir diese gerne mit. Bis dahin, frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr. E. Rothner.

Das gesamte Buch besteht aus dem E-Mail-Verkehr von Leo Leike und Emma Rothner. Sehr vorhersehbar und langweilig – könnte man meinen. Die Geschichte baut sich aber langsam auf und das Kribbeln im Magen, die mehr werdenden Schmetterlinge im Bauch meint man schier spüren zu können. Ich bin kein „Digital Native“, trotzdem ist die Kommunikation mit dem Computer und dem Handy normal für mich, dass daraus etwas Romantisches entstehen kann, ist für mich nachvollziehbar. Einigen mag es da anderes gehen und sie würden sich einen analogen Briefaustausch wünschen. Das Buch wird aber auch als „die moderne Version eines Briefromans“ bezeichnet – vielleicht wäre zumindest der Kinobesuch also einen Versuch wert.

Ananog vs. Digital

Ich glaube, dass sich Analog-Liebhaber/innen durchaus auf diese Geschichte einlassen könnte. Sie ist seicht und angenehm zu hören. Die Stimmen des Hörbuches klingen in meinem Ohr zu alt. Auch wenn das Alter der Protagonisten erst im Verlaufe geklärt wird, erschienen vor meinem inneren Auge bereits von Anfang an jüngere Personen, als es die Stimmen mir vermittelten. Außerdem ist es anfänglich etwas gewöhnungsbedürftig sich auf den schlichten Ablauf einzulassen. Es werden die Zeitangaben vorgelesen, sowie die verschiedenen Texte – immer Abwechselnd, durchgehend. Das wars! Es gibt keine Hintergrundinformationen, keine klassische Erzählstruktur. Lässt man sich darauf ein, meint man aber schon nach kurzer Zeit selbst erwartungsvoll vor dem Rechner zu sitzen und auf die eine Antwort zu warten.

Die Themen die behandelt werden, sind aus der Gesellschaft gegriffen, aber dennoch Themen, die voranging hinter vorgehaltener Hand besprochen werden. Wie das Führen einer toxischen Beziehung oder Fremdgehen in der Ehe. Es wird nicht geurteilt und auch nicht sachlich darüber debattiert, sondern aus der Sicht und des Lebens der Hauptdarsteller/in darüber gesprochen. Das Buch ist, ohne dramatisch oder hochspannende zu sein, durchaus aufregend. Dass das Hörbuch lediglich 4,5 Stunden geht ist verständlich, denn lange lässt sich der Flirt nicht aufrecht erhalten. Es ist eine schöne Liebesgeschichte, die ich Pendler/innen ans Herz legen kann, es hat nicht so viel Tiefe, dass es beim Autofahren ablenken könnte, ist aber so unterhaltsam, dass man es gerne weiter und zu Ende hören möchte.

Wer war im Kino?

Also, das Hörbuch kann ich empfehlen, das Buch zu lesen, kann ich mir nicht vorstellen. Die Geschichte ist wie ein Kammerspiel und macht sich auf einer Bühne sicherlich ganz hervorragend. Wie der Film mit Nora Tschirner und Alexander Fehling ist, weiß ist nicht. Auch ob das Kribbeln und die Aufregung, ob und wann sich das E-Mail-Paar trifft auch im Film genauso gut rüber kommt, weiß ich nicht. Ob der Film noch spannend ist, wenn man das Ende kennt, kann ich ebenfalls nicht sagen. Könnt ihr es mir sagen? Ich würde mich freuen!

 

 

 

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