Good News: Positives in Zeiten von Corona

(Autorin: Lina Samoske)

Die meisten von uns sind momentan viel zuhause – die „Corona-Krise“ zwingt uns dazu beziehungsweise wir übernehmen die Verantwortung für unsere Gesellschaft, um die Ansteckungskurve in den nächsten Monaten möglichst flach zu halten. An dieser Stelle ein „Danke“ von mir an alle, die dabei mitwirken. Wir von der VHS-Kulturredaktion wollen mit positiven Artikeln die kommende Zeit ein wenig angenehmer gestalten. Die Nachrichten sind voll mit Covid-19-Themen. Wir wollen euch Film-, Buch- und Unterhaltungs-Tipps geben und so unseren Teil für die Gesellschaft in dieser Krisenzeit beitragen.

Vielleicht gibt es sogar jemanden von euch, der/die nun Zeit und Lust hat einen Blog-Artikel zu verfassen, eine kleine Geschichte zu schreiben oder von seinem Lieblingsbuch zu erzählen. Meldet euch gerne! 

„Unten rum frei“ – für alle

„Mit scharfsinnigem Blick auf die Details gelingt ihr ein persönliches, provokantes und befreiendes Buch.“ schreibt der Rowohlt Verlag. Ehrlich gesagt finde ich das Buch nicht provokant, dafür unterhaltsam und zum Nachdenken anregend. Klar wird von Sex erzählt und das in eher jugendlicher Sprache, dennoch empfinde ich das in der heutigen Zeit nicht mehr als angriffslustig. Darüber ließe sich aber sicherlich streiten. Ich nehme schon mal vorweg, dass ich das Buch „Unten rum frei“ von Margarete Stokowski, das 2016 im Rowohlt Verlag erschien, empfehlen kann. Ich als Pendlerin habe es natürlich als Hörbuch gehört. Da sich das Buch aus mehreren 30 – 60minütigen Kurzgeschichten zusammensetzt, ist es ideal für kurze Autofahrten oder für eine kleine Höreinheit vor dem Schlafengehen oder ein Spaziergang in der Frühlingssonne – frische Luft ist ja zum Glück noch erlaubt.

 

Auch für Nicht-Feministen/innen

Stokowski erzählt in ihrem Buch immer wieder Anekdoten aus ihrem Leben beziehungsweise Geschichte aus ihrem Blickwinkel, sodass sich jede Leserin zu irgendeinem Zeitpunkt damit identifizieren kann. „Unten rum frei“ spricht hauptsächlich Frauen und Mädchen an, trotzdem rate ich auch Männern und Jungs dieses Buch zu lesen oder zu hören. Es behandelt nämlich die Frage, was Feminismus ist und dass es eben nicht nur Frauen betrifft. Wir alle wissen, dass Feminismus für Gleichberechtigung steht und zwar geschlechtsunabhängig. Trotzdem wird dem Wort häufig noch ein negatives Label aufgedrückt: Feministinnen seien prüde, zickige, männerverachtende, hysterische Hexen, gierige, faule Gören, die sich an den Männern rächen wollen. „Alle diese Vorstellungen sind falsch.“, sagt Stokowski in ihrem selbst gelesenen Vorwort. Der Satz sollte allen, auch denen, die ihr Buch nicht lesen werden, im Gedächtnis bleiben!

Die Autorin unterteilt ihr Buch in verschiedene Themenbereiche. Ihre Geschichten handeln unter anderem von „Körperidealen“, „Machtfragen“ und der „Liebe“. Auch wenn das Buch vor dreieinhalb Jahren erschienen ist, es ist noch immer aktuell.

 

Sex sells

Würde es uns komisch vorkommen, wenn sich ein Mann auf einem Werbeplakat halb nackt auf einem Auto räkelt? Ja. Halbnackte Frauen auf Titelbildern oder in Werbungen akzeptieren wir. „Frauenkörper zu Dekorationsstücken sind normal“. Warum ist das so? Diese Frage beantwortet das Buch nur teilweise. Und auch wie wir das ändern können, wird nicht erläutert – denn letztendlich liegt es an uns selbst.

Nacktheit, Pornos und Sex umgeben unser Leben, ganz besonders die Medien- und Werbewelt. Es handelt sich dabei natürlich nicht um aufklärende Informationen, sondern um Verkaufsstrategien und eine Darstellung der aktuellen Rollenbilder. Die „MoPo“ titelte einst „Hamburgs neue Sexmeile“ und zeigte dazu ein Bild einer Frau in rot-schwarzer Unterwäsche. Gehören Männer nicht genauso zum heterosexuellen Geschlechtsverkehr wie Frauen? Natürlich. Trotzdem stehen noch immer halbnackte Frauen in der Gesellschaft für Sex. Frauenkörper werden in unserer Gesellschaft unumgänglich mit Sex verbunden.

Es gibt etliche solcher Beispiele aus den Printmedien. Die junge Autorin veröffentlicht eine unvollständige Liste mit Titelthemen, die alle nackte Körperteile oder halbnackte Frauen dazu abbildeten: Abnehmen · Demenzforschung · Deutschland und Lebensqualität · Impfen · Neue Hoffnung bei Krebs · Urlaub in Griechenland und so weiter und so fort.

Liest man sich das durch, kommt es einem absurd vor. Sobald man anfängt darüber nachzudenken, merkt man, wie unmöglich es ist, mit diesem Themen nackte Frauen in Verbindung zu bringen. Sehen wir diese Titelbilder aber im Vorbeigehen in einem Zeitschriftenladen, machen wir uns kaum Gedanken dazu, der Großteil der Gesellschaft hat das akzeptiert. Das sollte sich meiner Meinung nach ändern. Es geht nicht darum, keine nackten Frauen mehr zu zeigen, wo aber sind die nackten Männer und was hat Nacktheit beispielsweise mit einer Krebserkrankung zu tun?

 

Gleichberechtigung für alle

Das Buch zeigt immer wieder, dass es um Gleichberechtigung für alle geht und dass Männer dabei nicht ausgeschlossen werden dürfen. Jungs in Röcken oder mit langen Haaren sind noch immer weit aus weniger akzeptiert als Frauen in Hosen und mit kurzen Haaren. Und trotzdem werden Frauen in der Berufs- und Medienwelt noch immer deutlich benachteiligt.

Im Jahr 2015 waren beispielsweise lediglich 36 % der Talkshowgäste Frauen. Hinzu kommt, dass Frauen weitaus seltener in Nachrichtenberichten vorkommen als Männer. Und dann auch lediglich als Abbild ohne Meinungsäußerung, so Stokowski

 

Warum rasierst du dich? Warum schminkst du dich?

Es ist sicherlich schwer sich von seiner Rolle als Frau oder auch Mann zu lösen, wenn das denn gewünscht ist. Denn bei vielen Dingen, die wir tun oder sagen wissen wir gar nicht, ob sie uns von der Gesellschaft auferlegt wurden oder ob wir sie aus freien Stücken tun. Naturgegebenes und kulturelles vermischt sich immer, das ist okay, es sollte nur das ein oder andere mal hinterfragt werden.

Wissen wir Frauen noch, warum wir uns die Beine rasieren? Entspricht es dem eigenen oder dem gesellschaftlichen Schönheitsideal. Warum möchten Frau einen flacheren Bauch haben? Entspricht es ihrem eigenen Wunsch oder dem der Werbung? Das Buch belegt Aussagen immer wieder mit Zahlen aus der Forschung, erschreckend aber eben untermauernd und aufklärend. Frauenzeitschriften erläutern jungen Mädchen noch immer, wie sie Jungs beim Sex glücklich machen. „Mädchen sollen Jungs locken.“ Frauen wollen genommen werden, Männer wollen Frauen erobern. Unsere Gesellschaft ist von Sex umgeben, allerdings von einer Sexillusion. Jugendliche lernen nicht wie Sex funktioniert, sondern bekommen eine Fantasie erklärt, die nicht der Realität entspricht. Das klingt veraltet, scheint in den Printmedien aber immer noch propagiert zu werden und lässt sich nun auch auf die sozialen Medien übertragen. Traurig und Gefährlich!

Mädchen und auch Frauen sind sehr offen und sensibel, was ihren Körper und die Wahrnehmung dessen entspricht. Ihnen wird eingeredet, sie bräuchten z.B. Anti-Pickel-Cremes, Anti-Falten-Cremes, Tag- und Nacht-Cremes. Beine, Scham- und Achselhaare werden oft ohne es zu hinterfragen schon früh entfernt. „Der Körper wird zu einer wandelnden To do Liste.“ Am weiblichen Körper muss gearbeitet werden. Mädchen wird vermittelt, dass es eine Pflicht ist, sich zu pflegen, an sich zu arbeiten und sich zu optimieren. Männern wird das auch eingeredet, allerdings noch immer in einem geringeren Maße. Sind Mädchen oder Frauen damit überfordert, nutzen sie ihren Körper und zerstören ihn und all die Schönheitsideale: Magersucht, Bulimie und das Ritzen sind die häufigsten selbstzerstörenden Maßnahmen. Das ständige Optimieren schlägt ins Gegenteil um, der Körper wird der Feind, er wird ein Objekt, das nicht mehr gepflegt, sondern zerstört wird.

 

Sex

Und natürlich spricht Stokowski auch über Sex und „sexualisierte Gewalt“. Mädchen muss noch deutlicher als Jungs gezeigt werden, dass nur sie selbst über ihren Körper bestimmen dürfen. Sie dürfen “Nein” sagen, wenn sie nicht angefasst werden möchten und Sex darf nur in Einvernehmlichkeit beider stattfinden. Und natürlich dürfen Frauen sich schminken, bauchfrei oder mit kurzen Röcken herum laufen. Das berechtigt niemanden dazu, ihnen auf die Brüste zu gucken, den Po anzufassen oder sie sexuell zu belästigen. Das sollte selbstverständlich sein! Das können Frauen aber nur lernen, wenn sie wissen, warum sich sich so verhalten wie sie es tun, was sie wollen, was sie mögen und wer sie sind.

Asexualität, Nonbinär, Queer, Cis, Gender, Sex und sexualisierte Gewalt – diese Themen finden keinen Platz im schulischen Sexualkunde-Unterricht. Es darf heute nicht mehr nur um den männlichen und weiblichen Körper gehen. Denn all die genannten Themen würden zur Gleichberechtigung beitragen. Menschen würden über den Tellerrand schauen, mehr über andere Vorlieben, Verhaltensweisen erfahren und toleranter werden.

 

Werdet Feministen/innen

Ihr dürft euch nennen wie ihr wollt, aber gegen Gleichberechtigung sollte niemand etwas haben. Denn alle Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Sexualität und ihrem Körper, sollen die selben Rechte und Freiheiten haben, so Stokowski. 

2 Kommentare
  1. Timo Hansen sagte:

    Hallo,

    ich stimme allem gesageten/geschriebenen zu 100% zu, mit einer Ausnahme.

    Als ein Mann, der sich mittlerweile in seinem vierzigsten Lebensjahr befindet, habe ich schon die eine oder andere Lebenserfahrung gemacht und kann aus dieser Erfahrung heraus zweifellos bestätigen, das der Druck auf Männer, den makellosen Körper aller Chris Hemsworth zu präsentieren, immens ist! Schon als ich 20 Jahre alt war ging es damit los, das ich Unmengen an Enthaarungscream gekauft habe, denn auch Männer sollten heutzutage nirgendwo Haare habe, abgesehen vom Kopf. Womit wir gleich beim nächsten Thema wären! Die wenigsten Frauen finden es ansprechen, wenn sich das Haupthaar beim Partner vorzeitig verabschiedet! Ich hatte vor vielen Jahren einen Arbeitskollegen, der mit 19 Jahren schon eine Mönchsglatze hatte. Dieser junge Mann war akut Selbstmord gefährdet, da er aufgrund seines Aussehens nicht die Spur von Selbstbewusstsein oder Selbstwertgefühl besaß. Im Ergebnis keine Feunde, keine Frauen, keine Ausstrahlung, kein Chance auf beruflichen Erfolg! Nur Traurigkeit und Depression!!!

    Ich glaube nicht das diese Probleme heutzutage geschlechtsspezifisch sind.

    Auf der einen Seite sind wir aufgeklärter denn je, auf der anderen Seite war die Welt in meinen Augen noch nie oberflächlicher, wie meiner Meinung nach die 500 Staffeln Germanys next top Modell und noch viele andere, dämliche Formate bewiesen.

    Früher wurden vermeintliche Götter angebetet, heute sind es schöne, erfolgreich Menschen, wobei das Eine das Andere begünstigt!

    In diesem Sinne, werdet euch eurer Stärken bewusst, zieht Kraft aus ihnen und generiert ein Selbstwert/Selbstbewusstsein, dann muss sich auch keiner ritzen!!!!

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    • Lina Samoske sagte:

      Danke für diesen ausführlichen Kommentar. Die Wichtigkeit der “Schönheit der Frauen” liegt denke ich weiter zurück und ist deswegen ggf. tiefer verankert. Dass heutzutage aber auch Männer von dem Druck nicht verschont bleiben, ist absolut richtig. LG Lina

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